Warum ist der Klappertopf für Pferde gefährlich? | cavallo.de

2022-07-01 17:32:24 By : Admin

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Die gelb blühende Pflanze auf Weiden und Wiesen ist eine unterschätzte Giftquelle – frisch wie getrocknet im Heu. Hier sind die aktuellen Fakten!

Er ist der perfekte Geheimagent unter den Wiesenpflanzen: Sieht unscheinbar aus – und wird völlig unterschätzt. Denn der Klappertopf ist gefährlicher als bislang angenommen. Aktuelle Forschungen der Ludwig-Maximilians-Universität München zeigen, dass die Wiesenpflanze auch im Heu zu Verdauungsproblemen führen kann; schlimmstensfalls sogar zu Nerven- und Nierenentzündungen. Wir klären, was bislang über die Pflanze bekannt ist und wie man den Bewuchs eindämmt.

Zur Familie der Klappertöpfe (lat. Rinanthus) gehören bis zu 50 verschiedene Arten. Drei davon sind in Deutschland besonders verbreitet: Kleiner Klappertopf (Rinanthus minor), Zottiger Klappertopf (R. alextorolophus) und Grannen-Klappertopf (R. glacialis). Die unterschiedlichen Arten kommen von der Küstenebene bis auf Höhenlagen von 2 000 Meter vor – und lassen sich selbst von Botanikern mitunter nur schwer unterscheiden. Je nachdem, wann und wo die Pflanze wächst, ändert sich nämlich deren Aussehen (Saison-Dimorphismus bzw. Polymorphismus). Ein Erkennungsmerkmal haben sie alle: Die typische Blütenform der einjährigen Pflanze ähnelt einer Nase.

Was ebenfalls alle Arten gemeinsam haben: Sie sind Halbschmarotzer (Halbparasiten), zapfen also Wirtspflanzen an; in erster Linie Wiesengräser. Über Saugwurzeln (Haustorien) entnehmen sie diesen Wasser und Nährstoffe. Die Pflanzen können aber auch selbst Photosynthese betreiben, also Sauerstoff und Zucker produzieren.

Unabhängig von den einzelnen Arten gilt der Klappertopf allgemein als leicht giftig. Er enthält das Gift Aucubin, wie es in Spitzwegerich oder Taubnessel zu finden ist. Aucubin gehört zur Gruppe der Glykoside. Enthalten ist es in allen Bestandteilen der Pflanze, also Blättern, Blüten und Samen. Das Toxin kann zu Entzündungen im Magen-Darm-Bereich, Durchfall, Koliken, einer Entzündung des zentralen Nervensystems und der Nieren führen, listet die Giftpflanzendatenbank des Instituts für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie der Universität Zürich auf.

Diese Folgen verbindet man nicht gerade mit "leicht giftigen" Pflanzen. Doch Koliken und Co. treten vermutlich nur auf, wenn das Pferd massive Mengen an Klappertopf frisst, weil etwa die Koppel davon übersät ist. Ab welcher Menge genau es für Pferde gefährlich ist, "ist allerdings noch nicht erforscht", erklärt Prof. Dr. Ellen Kienzle, die den Lehrstuhl Tierernährung an der Ludwig-Maximilians-Universität München leitet. Sie gibt zudem zu bedenken: "Nicht jede Pflanze ist gleich giftig, und auch jedes Pferd reagiert anders auf die aufgenommene Menge. Ein gesundes, robustes Pferd steckt eine gewisse Menge vermutlich leichter weg als eines, das etwa schon durch Magengeschwüre vorbelastet ist."

Dennoch, warnt sie, sei der Klappertopf keinesfalls auf die leichte Schulter zu nehmen: "Der gehört schlichtweg nicht auf die Weide oder ins Heu. Punkt." Denn dass Pferde die Pflanze meiden und nicht fressen würden, stimme nicht. Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt: Möglich sei auch, dass der Klappertopf über seine Saugwurzeln Gifte von anderen Pflanzen aufnimmt.

Zu den Haupt-Wirtspflanzen des Klappertopfs zählen Wiesengräser. Diese können von Endophyten befallen sein, also Pilzarten, die in Gräsern leben (endo = innen, phyton = Pflanze). Sie machen die Pflanze widerstandsfähiger: Bestimmte Substanzen, die diese Pilze produzieren, schützen die Pflanze, wenn sie durch Trockenheit oder übermäßigen Verbiss gestresst ist.

In Rohr- und Wiesenschwingel sowie Welschem und Deutschem Weidelgras können vor allem Epichloë-Pilze vorkommen. Diese Gattung kann zwei Giftarten produzieren (Ergotalkaloide und Indolditerpene), die bei Pferden zu massiven Vergiftungssymptomen führen können. Betroffene Tiere speicheln vermehrt, sie können taumeln oder ihre Huflederhaut entzündet sich. Dieses Gift kann auch in den Klappertopf gelangen.

"Denn parasitiert der Klappertopf Gräser, bedeutet das für die Pflanzen Stress." Heißt: Die Endophyten produzieren Toxine, und der Klappertopf saugt Pilze wie Gift über die Haustorien heraus. Aus dem Grund schlagen Biologen mitunter vor, man könne mit dem Klappertopf das Endophyten-Problem in den Griff bekommen, eben weil der Halbparasit die Pilze heraussauge. "Das ist Quatsch", hat Prof. Kienzle eine klare Meinung dazu, "im Gegenteil, damit vergiftet man die Pferde auch und treibt den Teufel mit dem Beelzebub aus."

Auch im Heu ist der Klappertopf noch eine Gefahr; das zeigten Analysen von Kienzles Team. Zwischen 2012 und 2020 werteten sie 463 Heuproben aus. 13 dieser Proben enthielten Klappertopf in einer Menge, "in der sie auf den ersten Blick klar im Heu zu erkennen waren", so die Professorin. Bei acht dieser 13 Proben wiederum war im Vorbericht der Einsender von Verdauungsstörungen der Pferde zu lesen. Bei den restlichen 450 Proben war dies bei 90 Einsendungen der Fall.

Statistisch gesehen ist das eine relevante Anzahl: "Die Wahrscheinlichkeit, dass im Vorbericht Verdauungsstörungen auftreten, ist 6,4-mal höher, wenn Klappertopf im Heu enthalten ist", erläutert Prof. Kienzle. Einzelne Pflanzen im Heu seien vermutlich unproblematisch und könnten aussortiert werden, so Kienzle. Aber: "Erkennt man auf den ersten Blick eine große Anzahl der Pflanzen im Heu, sollte man das Raufutter entsorgen."

Das Rezept gegen den Klappertopf: Mähen und Düngen. "Am besten mäht man im Mai, bevor er aussamt", rät Prof. Kienzle. Dann heißt es abwarten: Wächst der Klappertopf massiv nach, muss im Juni nochmal gemäht und der Grünschnitt – wie auch der nach der ersten Mahd – entfernt werden.

Klappertopf wächst zudem gern auf Weiden oder Heu-Wiesen, deren Böden Kalium, Phosphor oder Stickstoff fehlen. Pferdehalter und Landwirte sollten daher zunächst eine Bodenprobe untersuchen lassen. Je nach Analyseergebnis sollte dann der fehlende Stoff zugedüngt werden; wenn nötig, im Frühjahr und im Sommer. "Mit dieser Methode lässt sich das gut in den Griff kriegen", so Kienzle. "Aber man muss auch dran bleiben, sonst kommt der Klappertopf wieder."

Vor der Blüte: Wenn der Klappertopf austreibt, erscheinen die grünen Blätter zunächst etwas runder (hier am Beispiel des Großen Klappertopfs). Nach und nach werden sie gezackter (Kleiner Klappertopf). Die Blätter sind später länglich bis lanzettlich.

In der Blüte: Meist ab Mai erscheinen die gelben Blüten (C und D). Sie ähneln einer Nase. Je nach Art dauert die Blüte bis in den September. Die Aussaat kann je nach Region und Pflanze ebenfalls ab Mai beginnen.

Nach der Blüte: Die Blüten wandeln sich dann zu Behältern für die Samen. Streicht der Wind in diesem Stadium über die Pflanzen, klappern die Samen; daher kommt der Name der Pflanze. Im Heu ist der Klappertopf anhand seines charakteristischen Samenstands gut zu erkennen. Einzelne Pflanzen sollten, wenn möglich, aussortiert werden.

Moleküle sind entscheidend: Pferde identifizieren Pflanzen über Repellents. Das sind gelöste oder flüchtige Moleküle, die die Tiere über Geschmacks- und Geruchsrezeptoren wahrnehmen. Danach entscheiden Pferde, was sie fressen und was nicht.

Ob sich giftig und nicht-giftig am Geruch unterscheiden, untersuchte Dr. Sabine Aboling vom Institut für Tierernährung der TiHo Hannover. Ihr Team beobachtete zwei Jährlinge auf der Weide: Sie fraßen auch zahlreiche giftige Arten, wenn die riechbaren Repellents fehlten. Links liegen ließen die Tiere hingegen Pflanzen, die über diese Substanzen verfügten – unabhängig davon, ob sie toxisch waren oder nicht.

Prof. Dr. Ellen KIienzle hat den Lehrstuhl für Tierernährung an der Ludwig-Maximilians-Universität München inne. Sie ist Fachtierärztin für Tierernährung und Diplomate des European Colleges of Veterinary and Comparative Nutrition.

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